Über das Pappe Open Air 2018 des Alte-Papierfabrik e.V. Greiz
Noch ein letzter kurzer Blick in den Facebookfeed soll es sein, bevor ich mich auf den Weg zum Pappe Open Air mache. Schwere, unwetterartige Gewitter über Weimar und Jena werden per Video vom MDR gezeigt. Mit der Frage, wie es bei uns denn so aussieht…
Atlantis ich komme!
Mit langen, schnellen Schritten gehe ich den Papiermühlenweg entlang und je dunkler der Himmel wird, desto lauter wird die Musik und so stärker der Geruch von Rostern.
Dem thüringischsten, aller mir bekannten Düfte widerstehe ich nicht und befinde mich urplötzlich in einer Garage voller Mitglieder des the.aRter Greiz e.V. am Grill. Ich betrachte die Flyer für die Sommer Kultur Tage und schon habe ich auch eine Roster in der Hand, im Mund, schwupps weg – auf zur Bühne.
Die Band, Fräulein Hansen spielt schon. Der Platz vor der Bühne ist noch recht immobil. Die Gäste gucken umher, wer schon da ist, mit wem man quatschen könnte usw. Die Musik scheint für die Gäste eher noch Nebensache zu sein. Sie klingt gut, ja. Aber ich höre auch nur mit einem halben Ohr hin. Das andere hängt noch in einem Gespräch fest. So langsam gelingt es mir auch das andere Ohr in Richtung Bühne zu halten und stelle fest, dass die Auswahl der Lieder ein breites Spektrum abbildet. Mal in Richtung Folk, mal in Richtung Elektro. Ein Lied klingt nach Tetris.
Die Luft kühlt sich sehr schnell ab. Besorgt schaue ich zum Himmel und aus dem dunkelgrau wird schwarz. Rasch gehe ich zur Theke, bevor sich dort zu viele Schutzsuchende aufhalten und kein Durchkommen mehr ist. Es ist die Garage gleich neben den Rostern.Sowie ich aus der Garage herauskomme, hört Fräulein Hansen auf zu spielen, der Applaus gilt nicht mir. Ich mache mich auf den Weg zur zweiten Bühne. Angekündigt ist Kaurna Cronin mit Band… und Regen. Hastig werden im schmalen Gang zwischen den Garagen und der ehemaligen Turnhalle die Lichteffekte vorm nahenden Regen geschützt.
Die Bühne steht anders als sonst. Das fällt sofort auf. Anders, aber gut! Der Auftakt. Die Bühnenfront wird mit Videoeffekten bespielt. Man sieht schon Regentropfen, die vom bunten Licht angestrahlt werden.
Es schüttet wie aus Eimern.Der Regen, Kaurna Cronin mit Band und ich.
Die Musiker allein im Regen stehen lassen? Nein, das will ich nicht. Ich stelle mich nicht 20m weit weg unter den Pavillon. Für einen kurzen Moment kommt es mir so vor, als hätte ich den Regen und die Band für mich alleine. Dann… ja dann wird diese flüchtige Dreisamkeit von denen unterbrochen, die kurzerhand den Pavillon anheben und ihn vor die Bühne tragen. Wie zweibeinige Sardinen folgt das Publikum, regengeschützt. Begeisterung macht sich breit.
Der Regen lässt nach und das Publikum traut sich wieder unter den freien Himmel. Um mich herum beginnen Gespräche und die Musik scheint wieder Nebensache zu werden.Im flapsigen, für mich amüsant klingenden, holländisch werden wir alle zur Hauptbühne gebeten. SKA! Los Placebos aus dem Ruhrpott, bedanken sich, dass die Gäste dem Regen trotzten und sich immer noch auf dem Gelände des alte papierfabrik greiz e.V. befinden. Mit ordentlich Druck geht’s voran, schnelle Trompeten, runder Bass und lauthals abgehackt gerufene Hey, Hey, Hey, Hey bringt die Menschen in Bewegung. Gegenüber der ersten Band geht es hier bedeutend instabiler zur Sache. LOSPLACEBOS reißen mit. Sie binden das Publikum mit ein. Und nicht so nach dem Motto: „Scheiße, schon wieder zu nah an der Bühne, ich Opfer“. Nein, Carsten P. nimmt alle an die Hand und führt sie zur guten Laune.
Eine weiterer Bühnenwechsel steht an. Ein dickbäuchiger Kontrabass steht auf der Bühne und fällt mir direkt ins Auge. Eine zierliche Frau in Lederjacke hält ihn. Scheinbar wird noch ein Soundcheck gemacht. Jetzt sehe ich auch den Musiker des Duetts. Es geht los, meine erste Assoziation ist Juzzie Smith (die Oneman Band aus Byron Bay Australien). Was ja nichts schlimmes ist, höre ich ja auch gerne.
Irgendwie scheinen sie aber mit dem Licht unzufrieden zu sein. Ich bin eher mit anderem unzufrieden. Der Kontrabass kommt nicht zur Geltung. Ich sehe, wie sie dran zieht und zupft, aber ich höre nur seine Gitarre und die wummernden Schläge seiner verstärkten Cajon. Es kommt mir so vor, als spiele er gegen sie an. Die Sängerin wirkt schon fast wie Beiwerk, der Kontrabass wie Show. Schade, da ist Vorstellung zu weit von der Realität entfernt. Nun ist es soweit, sie zieht ihre Jacke aus und ein enges Top im Leopardendesign kommt zum Vorschein, das Publikum gröhlt. Neben mir fragt man sich: Muss das sein? Ist das wirklich nötig? Ich beschließe augenblicklich meine Pfandmarke in zwei Euro umzuwandeln und über den Papiermühlenweg zurück in die Stadt zu gehen.
Mit einer Roster für den Heimweg.Ein gelungener Abend! Danke an alle, die mit dazu beigetragen haben.
Stefan Schmidt 04.09.2018
Noch ein Nachtrag, bei der der im letzten Abschnitt beschriebenen Band handelt es sich um „Lutopia Orchestra“.