Es war mal wieder so weit! Ich war nach längerer Abstinenz und Kulturmüdigkeit mal wieder auf dem Gelände des Kulturvereins Alte Papierfabrik e.V. in Greiz beim Pappe Open Air 2025. Eins vorweg, ich war wieder begeistert. Begeistert von dem, was in Greiz umgesetzt werden kann. Begeistert, wie lange sich in Greiz ein Open Air Festival halten kann. An meinen letzten Bericht über das Pappe Open Air konnte ich mich kaum noch erinnern, außer daran, dass ich vom thüringischstem Duft aller Düfte begrüßt wurde. Das war gestern und vorgestern anders. Aber eins nach dem anderen.

Der Blick auf die WetterApp verrät mir einen Temperatursturz am Freitag von 8°C. Ob sich wieder ein Gewitter ankündigt? Nach den langen heißen Tagen im August wäre das zumindest ein schöne Abkühlung. Ich freue mich, dass ich seit langen mal wieder etwas erleben kann. Das Pappe Open Air assoziiere ich mit lockeren Leuten, schöne entspannte Stimmung und etwas Neuem von der Welt in Greiz. Freitag- und Samstagabend sind also fest verplant. Auf dem Weg zum Vereinsgelände erinnere ich mich, dass mir im Vorfeld gar nicht viel an Werbung aufgefallen war. Aber gut, vielleicht hab ich es auch einfach nur übersehen. Da es ja eh fest steht, setze ich meine Gedanken und den Weg zum Gelände fort und höre schon von weitem die Klänge von Bliss aus Greiz, die das Festival eröffnen.
Ich treffe Jens (Nekromanpix) und wir quatschen ein wenig über die Fotografie und darüber, dass sehr viele Fotografen auf dem Gelände sind und sich quasi austoben (dürfen). Konzertfotografie ist für mich eine sehr schöne Form der Fotografie, ähnlich die der Theaterfotografie. Die Protagonisten geben oft sehr viel Emotionen preis und es können dabei sehr starke Bilder entstehen. Wenn man die Technik beherrscht.
Nochmal kurz zu Bliss. Ehrlich gesagt kenne ich die Band gar nicht. Aber gut, meine zurückliegende Kulturmüdigkeit trug auch dazu bei, dass vieles gutes an mir vorbei ging. Ich bin richtig angetan von der Band. Mit ordentlich Druck gibt’s gute Abwechslung auf die Ohren. Mal düsterer, mal schneller, manchmal erinnert’s mich an düsteren Rock der Anfang 90er. Richtig gut, und von so jungen Leuten. Echt stark.
Jens läuft wieder an mir vorbei und will mir noch schnell sein schwarzweiß Panorama der Göltzschtalbrücke zeigen und führt mich in eine Garage. Ich höre von der Seite „wer auf den roten Teppich tritt muss Falafel essen“ ich gucke auf meine Füße und sehe roten Teppich unter mir. Ohje… höre ich meine Gedanken durch meine Windungen rollen mit samt der Erinnerung an mein Abendessen… ich bin doch schon satt. Aber Falafel… mit echtem syrischen Brot, es riecht schon echt gut.
Die Bühne wird umgebaut, ich schaue aus der Ferne zu. Killabeatmaker stehen auf dem LineUp als nächstes. Der Wind bringt ein wenig kühle Luft mit. Ich erinnere mich an das Jahr 2017 als das Pappe Open Air ziemlich nass wurde und der Auftritt von Wellenbrecher ins Wasser fiel. Besorgt guckte ich mit einem Auge auf die WetterApp und mit dem anderen Auge zum Himmel – die Regenwahrscheinlichkeit ist angestiegen allerdings auch zeitlich nach hinten verschoben. Das könnte klappen. Dieses Jahr kein Regen. Ich gehe ein bisschen über den Platz und versuche Leute ausfindig zu machen, die ich kenne. Ich finde es etwas merkwürdig. In meiner Erinnerung waren früher mehr Vereinsmitglieder aus anderen (Kultur) Vereinen auf dem Festival. Aber gut – das berühmte Früher, das Damals, als wir nüscht hatten – erschreckt kommt mir die Befürchtung dass ich schon den „Früher“-sagern gehören könnte…
Die Musik geht los. Es klingt südamerikanisch. Killabeatmaker beginnt mit dem Auftritt. Ich höre Flötenklänge, Synthies und ganz präsent Trommelrhythmus und Gesang. Die Stimmung ist sehr angenehm, es passt gut zu der noch warmen Luft und den kühlen Windstößen und den Lustig riechenden Zigaretten die mein Nachbar in letzter Zeit oft raucht. Für mich persönlich aber eher eine Musik, die ich lieber sitzend chillend mit geschlossenen Augen genießen würde. Mit einem Sprechchor der „uno mas, uno mas“ beinhaltet konnte das Trio noch zu eine wunderschönen Zugabe überredet werden.
Killabeatmaker beim London Sunfest 2025
Der nächste Bühnenumbau steht an. Ich schiele zu den Falafel. Aber nein, das Abendbrot liegt noch schwer im Magen. Les Calcatoggios werden angekündigt. Eine Ska Band aus Berlin, die sich 1998 auf Korsika gegründet hat. Die haben Power! Mit ordentlich Druck fühle ich mich schon so weit hingerissen, dass ich mich etwas bewege.
Böttch kommt vorbei und sagt: du stehst ja immer noch hier. Gut – ja er hat recht, ich stehe immer noch dort. Aber etwas bewegt habe ich mich. Nein, also zur Bühne vor möchte ich heute nicht. Aber Musikalisch mitreißen, das ist heute schon durchaus drin.
Der Freitag hat sich zu einem Samstag verwandelt. So lange wach zu sein, bin ich gar nicht mehr gewohnt. Und bevor zu einem Quengelkind werde verabschiede ich mich und mache mich auf den Weg nach Hause. Morgen ist ja schließlich auch noch ein Tag. Genau genommen derselbe… denn – ach egal.
SAMSTAG gegen 20 Uhr
Mit fast leerem Magen mache ich mich auf dem Weg zur Pappe, denn ich will ja Falafel essen. Ähm und Musik hören.
Valentina Marinkovic aus Chile eröffnet den Samstagabend. Vor der Bühne ist es ziemlich leer. Ich gehe ganz nach vorne, um… warum eigentlich? Um es anderen einfacher zu machen vor zu gehen? Ist das meine Mission für heute? Egal, ich stehe sehr weit vorne und esse meine Falafelbrottaschemitgemüse… was das für ein Anblick für die Musikerin sein muss… sorry dafür!
Aber ich bin hin und weg. Die Stimme und die Stärke der Lieder, auch wenn ich den Text nicht verstehe und ich die Musikrichtung nicht einordnen möchte, kommt so viel rüber. Für mich ein Highlight beim Pappe Open Air 2025. Scheinbar ist aber das Festival nicht der richtige Ort, wo ihre Musik voll zum Ausdruck gebracht werden kann. Das schwingende, das manchmal traurige und leicht schwermütige, kann die wenigen Menschen, die an der Bühne sind, schon erreichen, aber in dem Moment wünsche ich mir für sie viel mehr Menschen vor ihr, die den Klangfluss aufnehmen und ihr mehr wiedergeben können, als die 10 oder 15 träumenden vor der Bühne.




In der Umbauphase für die kommende Band schlendere ich über den Platz und treffe bekannte, die ich früher beim Theaterherbst kennen gelernt habe. Und jetzt erfahre ich auch, dass sie am Abend zuvor bei der Whiskymesse in der Stadt waren. Ich frage mich, ob wirklich Whisky, Rum und Gin die Greizer und die die aus der näheren Umgebung kommen davon abhält zur Pappe zu kommen?
Der Abend wird dunkler und die Musik knackiger, poppiger. Metalengua, auch aus Chile, machen Party. Sie dominieren den Platz und reißen mit. Das Publikum tanzt, ist in Bewegung und wird lockerer. Die Lebensfreude auf und vor der Bühne ist schön anzusehen.







Ich drehe mich um und mir wird die überragende Kulisse der Pappe wieder bewusst. So eine Location kenne ich nicht. Und wenn ich mir durch den Kopf gehen lasse mit welcher Kraft die Mitglieder im Verein und die Freunde, Familien so etwas auf die Beine stellen. Das Open Air muss ein gewaltiger Kraftakt sein. Ich kann mir vorstellen, dass bei der Pappe auch so sein könnte, wie in anderen Vereinen. Dass für so ein Act schon viele Menschenkraft akquiriert werden kann. Aber auf der anderen Seite, wenn das gestemmt ist, dann viele wieder ihren weg gehen und eher wenige Enthusiasten den Rest des Jahres weiter für den Verein durchpowern, damit er am Leben bleibt. Aber dennoch großen Respekt und ein Dankeschön an alle, die Zeit, Kraft und Ideen einbringen, damit es sowas in unserer kleinen Stadt geben kann.
Mein letzter Act für den Abend wird Zoe Mazah aus München sein. Ich finde es gibt Musiker und Musikerinnen, die einen Stil oder eine Richtung annehmen, aufnehmen, darbieten die ihnen selbst gefällt und das auch gut transportieren. Aber den Eindruck habe ich hier nicht. Bei mir kommt es so an, dass Zoe Mazah ihr Leben auf die Bühne bringt. Bei der Bühnenpräsenz kann ich mir beim besten Willen nichts anderes für sie vorstellen. Sie verkörpert die Musik. Die Musik lässt mich so mitreißen, dass ich sogar Bewegungen in meinen Knien und gleichzeitig in den Fingern spüre.



Da die Band aus Portugal kommt und kein deutsch kann, war es mit „Zugabe“ schwierig. Doch der gebildeten Pappe Gänger, die auch am Freitag schon da war, schafft es auch mit einem „uno mas, uno mas“ noch ein aller aller letztes Lied der beeindruckenden Formation zu entlocken.
Leider ist mein Festivalabend schon zu Ende. Der letzte Act im LineUp A Mess findet ohne mich statt. Aber auch hier bin ich mir sicher, dass er das Festival in Greiz bereichert. Beim Gang zum Hellweg Parkplatz höre ich, wie nochmal so richtig los gelegt wird. Ich freu mich über die zwei gelungenen Abende. Danke!